Leidenschaft

Steven Spielbergs „Schindlers Liste“ war mir früher mehr Ärger- als Ereignis. Ich weigerte mich ihm die Liebe zu geben, die ich ihm geben wollte. „Der weiße Hai“ und „Jurassic Park“ mochte ich noch weniger – zu emotional, so geradeheraus geheimnisvoll. Dann sah ich Spielbergs frühes „Duell“ – als radikale Feier der Leere – und verliebte mich doch noch in „Schindlers Liste“ – beide geradeheraus geheimnisvoll und wunderbar emotional. „Lincoln“ von 2012 funktioniert ähnlich, das Herz raste mir, als ich ihn sah. Wann je wurde Politik – das zähe Ringen um Macht, die harte Arbeit an der Intrige – mit so viel Licht und solcher Wucht gezeigt? Daniel Day-Lewis, gebeugt von der Last des Dienens wie der Lust die Dinge besser zu machen, leuchtend vor Vernunft, fiebernd vor Leidenschaft, wie Max Weber sie wohl meinte. Alles – der Winkelzug, die drohende Niederlage, der Triumph – hat ein höheres Ziel und schon deshalb mit der aktuellen Wirklichkeit nichts zu tun. Nicht Macht ist der Maßstab, sondern was wir mit ihr tun. Schenken wir Donald Trump eine „Lincoln“-DVD, zu Steven Spielbergs Siebzigstem.