Energie

Als Silvio Berlusconi in Italien die Macht zu erobern begann, erlebte ich das erste Mal jene Art offener Gehässigkeit, mit der „zivilisierte“ Leute plötzlich bösen Energien folgen. Im Trentino, damals, waren es Professoren, Architekten, die in ihren Wohnungen vor ihren Büchern saßen und bekannten, den unmöglichen „Cavaliere“ zu wählen, noch schillernd zwischen schlechtem Gewissen und diabolischem Furor. Ich dachte daran, als vor Jahren Thilo Sarrazin im Münchner Literaturhaus las, und das Publikum, darunter viele alte Achtundsechziger, ihn feierte und seine Kritiker verhöhnte. Auch heute früh denke ich wieder daran, als der Vizechef des Front National nach dem Hackerangriff auf Macrons Kampagne twittert: „Erschreckend, dieser Schiffbruch der Demokratie“. Er meint nicht den Hacker-Angriff auf die Demokratie, sondern den bürgerlichen Journalismus, der die Wahrheit über Macron verschweige. Da ist sie wieder, die rohe Energie, mit der man einen Angriff führt, etwas in sein Gegenteil verdreht, sich offen von der Zivilisation entfernt, die Verhältnisse zum Tanzen bringt. Und alle wissen, dass ein Angriff geführt, etwas verdreht, die Zivilisation verhöhnt, etwas Gemeines gefeiert wird. Das Ärgste ist – die Energie wirkt mitreißend, ein rachsüchtiger, zerstörerischer, aus der Ohnmacht geborener, disruptiver Impuls, der die Lust weckt, ihn einmal selbst zu spüren.