15 Minuten

Jedesmal wieder wehre ich mich gegen den Impuls, mir den letzten Gedanken eines Attentäters vorzustellen. Vergeblich. Was malt er sich aus, wenn er den Zünder drückt? Wonach sehnt er sich, wenn er auf jemanden losgeht? Wen meint er, wenn er ruft: „Das ist für Allah“? Will er Ruhm? Erlösung? Rache? Liebe? Von allem etwas? Wieder sehe ich den Schulhof vor mir, auf dem wir alle einmal standen, voll Hass und wilder Hoffnung. Denke an Warhols berühmte 15 Minuten des Ruhms, die eines Tages jeder würde haben können. So ist es längst. Aber dann: Wo steckt nur der Rest, der Zweifel, die Scham, das Wissen, dass man nicht wachsen wird – im Angstschrei, im letzten Atemzug, in Fetzen des Gehirns?