Käfighaltung

Im Reiche Putins steht ein Käfig, jenes kalte zugige Gehäuse, das einst Bären oder Dieben vorbehalten war, die man zur allgemeinen Belustigung oder Beschämung ausstellte. Im Zoo und in der Hühnerhaltung ist er noch in Gebrauch – und in der russischen Justiz. Kirill Serebrennikow wurde in Petersburg verhaftet, nach Moskau geschafft und in einem Käfig im Gerichtssaal vorgeführt (die Frankfurter Allgemeine bringt dazu gerade ein starkes Stück des litauischen Autors Marius Ivaškevičius – mit jenem Foto, das überall zu sehen war). Der Anlass für den Schauprozess ist absurd, der Käfig nicht minder. Beides soll genau so sein – leuchtende Zeichen für Putins lupenreine Herrschaft. Seht, wo ihr landet, wenn ihr euch frei fühlt. Alle sehen euch – in den Staub geworfen, ängstlich, jämmerlich (müde vom Vorübergehen der Stäbe wie Rilkes Panther, nur nicht so poetisch). Ein Raubtier, das die längste Zeit gefährlich war. Im Käfig seid ihr nichts als Objekt unserer Gerechtigkeit oder Gnade.