Milchbar

 

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Ein Fenster mit einer Aufschrift, die Kinogänger an Alex und seine Droogs denken lässt, drinnen dicke feuchte Luft, gut wohl nur für die Zimmerpflanzen, eine Kantine im Geist des versunkenen Ostblocks – real existierender EU-Postsozialismus. Krakau im Februar, es ist nass und kalt, die Mustersiedlung Nowa Huta, einst errichtet um dem Eisenhütten-Kombinat eine Viertelmillion Arbeiter zu schenken, utopische Architektur, schiere Vergangenheit. In jeder Ritze Armut und Verfall. „Milchbar“ – kein Ort eines hippen Nachtlebens, sondern der Armenspeisung: Hinter der schmalen Durchreiche eine Frau im weißen Kittel, hart und streng wie eine Lazarettschwester, der Raum gekachelt, abgenutzte Resopaltische, ein einziger alterloser Mann über seiner Suppe, ohne Zähne, Träger einer Armut, die uns fremd geworden ist. Der Führer, der im Hotel auflag, empfiehlt den Besuch einer Milchbar, „wir Krakauer lieben diese Orte“. Wir haben vor Scham auf der Schwelle kehrtgemacht.