Syracuse, NY

Der amerikanische Rust Belt ist berüchtigt, nicht erst seit sich die Mehrheit seiner Bürger von den Demokraten abgewandt hat um einen Trump ins Amt zu heben. Detroit, Cleveland, Buffalo legen dramatisch Zeugnis davon ab, wie great die USA schon lange nicht mehr sind. Anders als im Ruhrgebiet oder dem Saarland verrotten hier die alten Industrieanlagen inmitten früherer Malochestädte gar nicht malerisch oder nur gebändigt, sondern roh und niederträchtig, wie schärende Wunden. Dazu verfallen die schönen alten Wohnquartiere, Brachland wächst überall, und das Neue, sofern es denn noch kommt, wird Meilen weiter in den Sand gesetzt. Auch in Syracuse, New York, ist die Downtown an einem Samstag wie leergefegt, die Geschäfte haben zu, die Parkpaläste sind leer, es gibt noch Wohnhäuser, nur fast ohne Bewohner, ein paar Gestalten, ja, doch sie irren umher und wirken wie Zombies aus einem Film von George A. Romero, nur nicht so nett. Extrem abgemagert, mit gesenktem Kopf und schlaff herabhängenden Armen, verlorene Wesen, von Drogen zerfressen, wie auf der Stelle tretend, sich immerzu wiegend, nicht mehr von dieser Welt, so mitleid- wie furchterregend. Sie fordern Geld, sofern sie noch die Kraft dazu haben, oder starren mit leerem Blick durch die Scheiben eines Cafés, in das wir uns flüchten. Zwei, drei weitere Besucher scheinen wie wir nur auf den Augenblick zu warten, da man unbeschwert weiterziehen kann. Später, Meilen entfernt, eher schon draußen vor der Stadt, stoßen wir auf eine Mall, die sich gerade mit grellem Leben füllt, einem Leben von einem anderen Stern, das mit Downtown nichts zu schaffen hat. Natürlich fällt mir  Romeros „Dawn of the dead“ von 1978 ein, in dem eine gewaltige Menge Zombies ein paar letzte versprengte Menschen bedrängt, die sich in einer grotesken Shoppingmall verschanzen. Romero hatte diese bösen Bilder, in „Night of the living dead“ von 1968 taucht am Ende ein Zombiejäger auf, im Morgengrauen, ein weißer Rassist, der „irrtümlich“ den letzten Überlebenden der fürchterlichen Nacht, den schwarzen Helden, erschießt. In der irren Wirklichkeit von heute scheint das reiche Zerstörungswerk der Opioide diese Bilder noch übertrunpfen zu wollen, um dem einst stolzen Syracuse oder Cleveland oder Buffalo mit ihren höhnischen Brachflächen den Rest zu geben.