Ungeheuer

Es scheint zum Muster zu werden: Jemand teilt gegen andere aus, schlägt, hetzt, schüchtert ein, um, wenn sich Widerstand regt, den Verlust der Freiheit zu beklagen. Man wird doch noch austeilen, schlagen, hetzen, einschüchtern dürfen. Redet der Vorsitzende des Rechtsausschusses im Bundestag vom „Judaslohn“, ist die Antwort – seine fällige Abwahl, die Fragen der Journalisten – „dumm“, „doof“, „dämlich“. Hetzt einer Montags auf seiner Demo gegen den linksgrün versifften Mainstream, sieht er sich, nennt man ihn rechts, in Artikel 5 Grundgesetz verletzt. Twittert Trump gegen eine Zeugin vor dem US-Kongress, während der laufenden Anhörung „in Echtzeit“, ist es nicht brutale Einschüchterung, sondern Ausdruck von Meinungsfreiheit. Es ist die Freiheit des Mafiabosses, der den Killer auf ein Glas Milch einbestellt, die des Schlägers auf dem Schulhof, der sein Opfer, ehe er zuschlägt, ein erbärmliches Opfer nennt, die des Löwen in der Savanne, der allerdings nichts sagen kann, weil er fressen muss.

The real Donald, schon wieder, tut mir leid, die Stunden gestern vorm Livestream waren zu anschaulich, das déjà-vu zur Anhörung von Christine Blasey Ford in der Causa des weinerlichen Richters Kavanaugh, noch eine Heldin, die mit bebend sanfter Stimme der Präpotenz entgegen zittert, die feierliche Vergeblichkeit im Ringen um die Macht der Meinungsmasse. Es wäre einfach groß, wären da nicht die Ungeheuerlichkeit des untersuchten Vorgangs – die Jahrzehnte zurückliegende Vergewaltigung, die totale Demontage einer Staatsdienerin durch „ihren“ Staat – und die Erbärmlichkeit all derer, die eine Macht verteidigen, die nichts vorzuweisen hat als sich selbst. 

Noch tragen die Republikaner diesen Präsidenten, als wären sie freie Radikale. Noch kann Trump alle Freiheit für sich reklamieren, die POTUS nicht mehr hat oder haben dürfte, mit dem Trotz eines Kindes und der Niedertracht eines ausgewachsenen Ungeheuers.