animal

Manchmal, wenn ich wirr bin oder nur müde von der tiefen Rationalität des Alltags, bleibe ich vor den Stäben stehen, hinter denen bei Rilke nichts mehr ist, keine Welt, und betrachte den Hunger des Raubtiers, eines Boxers, eines raging bull, eines Emporkömmlings, eines echten Machtmenschen. Sehe ihm in die Augen, die manchmal gar zurückstarren. Warum bin ich fasziniert, hässlich angezogen? Hasse ich doch die Testosterongesteuerten, immer zum nächsten Kampf Bereiten, die vor dem ersten Schlag auftrumpfen, die von Sieg zu Sieg, und seien es Niederlagen, jagenden Tiere, für die wir im griechischen Alphabet den ersten Buchstaben reserviert haben. Schätze ich doch die Zweifler, die Zögernden, auf den zweiten Blick noch schwach Wirkenden. Eigentlich. Ich wende mich in dem Moment ab, da sie dann doch verlieren. Natürlich sehe ich die brutale Angeberei eines Donald Trump, Markus Söders finsteren Auftritt, das Foto des weißen Tigers, der vor Jahren in Neu Delhi einen jungen Mann belauert und dann tötet, der in sein Gehege gefallen war (oder gesprungen um sich töten zu lassen) – der Mensch hilflos kauernd vor dem Raubtier, seiner schrecklichen Willkür. Auch jetzt glaubte ich den heißen Atem im Genick von Armin Laschet zu spüren, den animalischen Zugriff – wie einst auf dem Schulhof in der Fünf-Minuten-Pause, wenn einer einen andern in den Schwitzkasten nahm, zum hundertsten Mal, und grinsend beteuerte, es sei nur Zeichen inniger Freundschaft.