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Schon Die vierte Gewalt, der eher kleinmütige Anstoß zu einer Großdebatte von Harald Welzer und Richard David Precht, mit dem die beiden Bestsellerautoren sich und der Öffentlichkeit erklären wollten, warum die Mehrheit in Sachen Ukraine nicht ihnen folgen will, wirkte zu eitel um ganz ernst genommen zu werden. Nun folgt in der Neuen Rundschau der zweite Streich (diesmal ohne Precht): Die veröffentlichte Meinung. Mag der Text auch redlich empirische Belege zum Buch nachliefern, leidet er doch wieder unter der Last rechtzuhaben (schwerer als alle Leopard 2). Der mit etlichem Daten-Aufwand betriebene Befund, die „Leitmedien“ reduzierten unisono die Komplexität der Lage und verfehlten ihren Auftrag in der/für die Demokratie, gipfelt im Urteil, der politische Journalismus schreibe „die große Eskalation eines entgrenzten Kriegs oder eines Atomkriegs“ herbei. Dumm nur, dass eben dies doch täglich zu hören und zu lesen ist (mit leider allzu vertraut verächtlichem Unterton). Nicht mal die „Leitmedien“ verschweigen diese Zweifel, um nur meist andere Schlüsse zu ziehen. Selbst geübte Weltdeuter und mächtige Meinungsmacher verfehlen mitunter die Welt und bestimmen die herrschende Meinung nicht – so viel Einsicht in die eigene Ohnmacht sollte schon sein ob eines äußerst brutalen Angriffskrieges, schwerster Verbrechen und einer diversen Mehrheit, die der Ukraine nun mal helfen will. Oft genug ist der Mainstream so gemein an uns vorbeizufließen.